Die Zeiterfassung per Fingerabdruck wird immer beliebter bei Unternehmen. Allerdings haben biometrische Erfassungssysteme einen Haken: Sie sind nicht immer zulässig und es gibt Richtlinien, die eingehalten werden müssen.
Die Zeiterfassung per Fingerabdruck und die DSGVO
Die biometrische Zeiterfassung ist nicht alleine aufgrund des Datenschutzes ein zwiespältiges Thema. Seit Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in der EU, liegt auf der Einhaltung des Datenschutzes ein besonderes Augenmerk. Biometrische Merkmale stuft die DSGVO als besondere Kategorie personenbezogener Daten ein.
Diese besonderen Kategorien personenbezogener Daten stellt die DSGVO unter einen besonderen Schutz. Das heißt, dass diese Daten nur in Ausnahmefällen erhoben und grundsätzlich nicht verarbeitet werden.
Für das allgemeine Verbot der Verarbeitung biometrischer Daten gibt es Ausnahmen, die die DSGVO einräumt. Dann ist die Datenerfassung und Verarbeitung biometrischer Daten erlaubt:
- Betroffene Personen haben eine eindeutige, freiwillige und informierte Einwilligung für die Verarbeitung ihrer biometrischen Daten erteilt.
- Die Erhebung der Daten ist aufgrund arbeits- oder sozialrechtlicher Erwägungsgründe erforderlich (das betrifft beispielsweise Gesundheitsdaten bei Krankheitsmeldungen von Arbeitnehmern).
- Die Verarbeitung der Daten ist zum Schutz lebenswichtiger Interessen der Betroffenen oder anderen notwendig.
- Daten wurden von den Betroffenen selbst öffentlich gemacht.
- Daten müssen für die justizielle Ausübung, Verteidigung oder Geltendmachung von Rechtsansprüchen erhoben werden.
- Die Verarbeitung dient einem rechtlichen oder öffentlichen Interesse (zum Beispiel bei der Strafverfolgung).
Für Arbeitgeber ist vor allem der erste Punkt von Interesse.
Mit Einwilligung die Zeit erfassen
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat im Jahr 2022 eine Entscheidung bezüglich der Arbeitszeiterfassung per Fingerabdruck getroffen. Neben Art. 9 Abs. 2 lit. b DSGVO berücksichtigt die Entscheidung auch § 26 Abs. 3 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz).
Im behandelten Fall ging es nicht um den vollständigen Fingerabdruck, sondern um die sogenannten Minutien. Das sind die individuellen Fingerlinien und Rillen an der Fingerkuppe.
Ein Angestellter weigerte sich, das biometrische Zeiterfassungssystem seines Arbeitgebers zu nutzen. Daraufhin wurde er von dem entsprechenden Arbeitgeber abgemahnt. Das Gericht entschied, dass die Abmahnung nicht rechtens war und diese aus der Personalakte des Angestellten entfernt werden muss.
Das Urteil besagt, dass die Verarbeitung der biometrischen Daten unzulässig war und somit die Verweigerung keine Grundlage für eine Abmahnung darstellte. Der Grund: Die Zeiterfassung per Fingerabdruck ist nur dann zulässig – so das Urteil –, wenn sie für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses notwendig ist. Dem Arbeitgeber ging es hingegen darum, ein effektives System zur Zeiterfassung zu installieren, um seine Mitarbeiter besser kontrollieren zu können. Das widerspricht den gesetzlichen Regelungen, es sei denn, es liegt eine Begründung vor, die eine höhere Kontrolle notwendig macht. Beispielsweise, wenn mehrere Fälle von Arbeitszeitbetrug nachgewiesen werden konnten.
Bei dem gerichtlichen Beschluss wurde die Auffassung vertreten, dass sich Mitarbeiter bei der Zeiterfassung in der Regel vertragstreu verhalten, wodurch eine biometrische Zeiterfassung rein als bessere Kontrollmöglichkeit nicht gerechtfertigt ist. Der Verdacht darauf, dass zum Beispiel die Kollegen für andere an der Stempeluhr mitstempeln, reicht nicht aus, um eine höhere Kontrolle zu rechtfertigen. Es bedarf konkreter Nachweise über erhebliche Missbräuche des vorhandenen Systems, um die Einrichtung eines biometrischen Zeiterfassungssystems zu rechtfertigen.
Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist Arbeitgebern nur dann gestattet, wenn sie zur Aufdeckung von Straftaten wie Arbeitszeitbetrug dienen. Dementsprechend durfte der Arbeitnehmer die Nutzung des Zeiterfassungssystems verweigern.
Das sollten Arbeitgeber bei der Zeiterfassung per Fingerabdruck beachten
Wie aus dem Gerichtsbeschluss aus dem Jahr 2022 hervorgeht, müssen Arbeitgeber die Einwilligung Ihrer Angestellten einholen, um ein biometrisches Zeiterfassungssystem einzurichten und damit die personenbezogenen Daten zu erheben. Die Zustimmung gilt auch als erteilt, wenn diese in der Betriebsvereinbarung berücksichtigt wird.
Erfolgt keine Zustimmung, dürfen Arbeitnehmer aufgrund einer Verweigerung der Nutzung eines biometrischen Zeiterfassungssystems weder abgemahnt noch gekündigt werden.
Besteht ein Betriebsrat im Unternehmen, hat dieser bei der Entscheidung zur Einführung eines neuen Zeiterfassungssystems ein Mitspracherecht.
Es gibt aber Bereiche, in denen die biometrische Zeiterfassung als notwendig und dementsprechend zulässig gelten dürfte. Das sind beispielsweise sensible Forschungsprojekte in Unternehmen.